Der gebrauchsorientierte Sprachlernansatz
Für einige Jugendliche aus Serbien, Rumänien, Kroatien und Ungarn ist der im Camp angewendete gebrauchsbasierte Sprachlernansatz («Focus on meaning») ein neuer Zugang, da sie aus ihrem Unterrichtsalltag in der Regel grammatikorientierte Lehr- und Lernverfahren gewohnt sind. Sie erleben einen Fremdsprachunterricht, der systematisch aufgebaut ist und sich auf den schriftsprachlichen Ausdruck konzentriert.
Die Folge daraus ist, dass die Schüler/-innen über fortgeschrittene Kompetenzen im schriftlichen Bereich verfügen, während es ihnen gleichzeitig oftmals schwer fällt, sich in Alltagssituationen mündlich auszudrücken. Es fehlen die pragmatischen Mittel und Strategien, um Spontansprache zu produzieren und mit einem Gesprächspartner situativ zu interagieren. Das liegt u. a. auch an den begrenzten Möglichkeiten, die Fremdsprache auch im Alltag außerhalb der schulischen Situation zu erproben.
Wir gehen davon aus, dass die aktive Spielfilmarbeit im Rahmen interkultureller Jugendbegegnungen auf verschiedenen Ebenen Raum bietet für vielfältige Sprachförderprozesse und zudem eine motivierende Methode darstellt, um niederschwellige und kommunikative Sprachanlässe in informellen Bildungssituationen zu schaffen.
Sprachpraxis stellt immer auch Sprachförderung dar
Der didaktische Ansatz des Sommercamps soll sich daher explizit vom „normalen Schulunterricht“ abheben und Kommunikation zwischen den Jugendlichen vorrangig in handlungsorientierten, situativen, natürlichen und zielgerichteten Kontexten anregen (vgl. Kniffka; Siebert-Ott, 2007). Die Veranstalter des Sommercamps teilen die Position von Knapp, dass «Unterricht (…) generell im Spannungsfeld zwischen Anwendbarkeit des erworbenen Wissens in alltäglichen Situationen und einer systematischen Darbietung (steht)» (Knapp 2008, 136).
Eine Verbindung von systematischen und grammatikorientierten und eher situativ-kommunikativen Sprachzugängen wäre demnach sinnvoll, ist aber im Rahmen eines kurzzeitpädagogischen Angebots aufgrund begrenzter zeitlicher und personeller Ressourcen kaum realisierbar. Zudem soll das Sommercamp Freizeitcharakter haben, Spaß machen und nicht versteckt verschult wirken. Erfahrungen aus dem ersten Sprachfördercamp im Jahr 2011 haben gezeigt, dass im Gegensatz zum morphologisch-syntaktischen Kompetenzbereich auf der semantischen Ebene auch kurzfristige Erfolge möglich sind. Daher wurde neben der Förderung kommunikativer Prozesse auch ein Schwerpunkt auf die Wortschatzarbeit gelegt.
Der Projektidee liegt die Annahme zugrunde, dass Sprachpraxis immer auch Sprachförderung darstellt.